
v.l.b.r. Anke Hierundar, Thomas Bein, Kerstin Hirschfeld, Teresa Deffner, Peter Nydahl, Susanne Jöbges, Annett Görtz, Silke Klarmann, Jan P. Roesner. Nicht im Bild: Urs Münch, Saeed Aldarwish
Tagungsbericht: DIVI Frühjahrssymposium „Ethische Entscheidungsfindung in der Intensivmedizin» am 17.Mai 2025 an der Universitätsmedizin Rostock
Die Sektion „Psychologische Versorgungsstrukturen in der Intensivmedizin“ der DIVI lud am 17. Mai 2025 nach Rostock zum Symposium ein. Unter dem Titel „Ethische Entscheidungsfindung in der Intensivmedizin“ schilderten die Referenten interdisziplinäre und interprofessionelle Herausforderungen in der intensivmedizinischen Versorgung, die sich durch die stetig zunehmenden technologischen Fortschritte in der Intensivmedizin und den einhergehenden Eindruck nahezu unbegrenzter Behandlungsmöglichkeiten ergeben. Im Fokus des Symposiums stand die Frage, wie ethisch begründete Entscheidungen gelingen können, um den größtmöglichen Nutzen für die Patientinnen und Patienten zu erreichen und gleichzeitig Schaden von ihnen abzuwenden.
Nach der Eröffnung durch Dr. Anke Hierundar (Rostock), Sprecherin der Sektion Psychologische Versorgungsstrukturen in der Intensivmedizin und Organisatorin der Veranstaltung, standen die Folgen einer intensivmedizinischen Behandlung für die Patientinnen und Patienten im Sinne der langfristigen Lebensqualität im Mittelpunkt des Impulsvortrages von Prof. Dr. Thomas Bein (Regensburg), langjähriger Ärztlicher Leiter der Operativen Intensivstation an der Klinik für Anästhesiologie des Universitätsklinikums Regensburg sowie Vorsitzender des Klinischen Ethikkomitees des UKR. Die Schilderungen reichten von schweren körperlichen bis hin zu psychosozialen Einschränkungen. Sie verdeutlichten die Berücksichtigung des Post Intensive Care -Syndroms (PICS) für die Bewertung des Outcomes nach intensivmedizinischer Behandlung sowie den Bedarf präventiver Maßnahmen und intensivmedizinischer Nachsorge. In einem Video berichtete ein Patient eindringlich über die Folgen auch zwei Jahre nach intensivmedizinischer Behandlung.
Den medizinethischen Rahmen und mögliche Lösungsansätze für ethische Herausforderungen in der Intensivmedizin skizzierten Dr. Susanne Jöbges (Berlin) und Prof. Dr. Jan P. Roesner (Rostock) in ihren Vorträgen. Dr. Teresa Deffner stellte ergänzend dazu Umsetzungsmöglichkeiten von strukturierten Fallbesprechungen für die klinische Praxis vor und berichtete von breiter Akzeptanz und Entlastung in den Behandlungsteams. Zudem gab es einen lebhaften Austausch zu den besonderen Herausforderungen in der Behandlung von „Langliegern“, die interprofessionell und interdisziplinär von PD Peter Nydahl (Kiel), Silke Klarmann (Bad Segeberg), Annett Görtz (Schwerin) und Dr. Saeed Aldarwish (Rostock) sowie den anderen Referenten mit den Teilnehmern diskutiert wurden.
Der Hörsaal der Universitätsmedizin Rostock war mit 73 Interessierten aus den verschiedenen Disziplinen der Universitätsmedizin Rostock sowie auch aus den Kliniken des Bundeslandes sowie durch die Mitglieder der Sektion Psychologische Versorgungsstrukturen, die bereits am Vortag zum Sektionstreffen zusammenkamen, gut gefüllt.
Fortgesetzt wurde die Veranstaltung nach einer kurzen Mittagspause mit zwei Workshops:
Im ersten Workshop ging es um "Herausforderungen in Angehörigengesprächen zur Therapiezielevaluation & -änderung“, den Dr. Susanne Jöbges (Berlin) und Dr. Teresa Deffner (Jena) mit aktuellen Inputs u.a. zum Werkzeug des „best case -worst case_Szenario“ sowie zahlreichen praktischen Übungen gestalteten.
Parallel dazu wurden im Workshop "Sterbebegleitung als ITS-Psychologe (oder auf ITS) – alles kein Problem?“ von Urs Münch (Berlin) und Dr. Anke Hierundar (Rostock) anhand verschiedener Fallbeispiele die psychosozialen und spirituellen Bedürfnisse und Herausforderungen bei der Sterbebegleitung auf der Intensivstation mit den Teilnehmern rege diskutiert. Insbesondere wurde die vielschichtige Rolle als auch eigene und externe implizite Rollenerwartungen des Psychologen sowohl bei der empathischen Kommunikation mit den Patienten und Angehörigen als auch in der interprofessionellen und interdisziplinären Kommunikation aufgezeigt. Die Diskussion wurde durch die Teilnehmer ergänzt und abgerundet durch Strategien zur Psychohygiene und Selbstfürsorge.
Das rege Interesse an den Vorträgen und die Diskussionen in den Workshops zeigen die Bedeutung in der Auseinandersetzung mit klinisch-ethischen Themen im intensivmedizinischen Alltag.